Bürgerbegehren in Böhmfeld: Wind aus den Segeln genommen oder Sturm gesät?

In der Gemeinderatssitzung vom 11.09.2013 hat der Böhmfelder Gemeinderat mit 2 Gegenstimmen beschlossen, das Bürgerbegehren zur Beantragung eines Bürgerentscheids wegen rechtlicher Bedenken des Landratsamtes Eichstätt abzulehnen. Die beiden Fragen des Bürgerbegehrens zielen im Kern darauf ab, ob im Rahmen der Änderung des Teilflächennutzungsplans zur  Ausweisung der Konzentrationsflächen für die Errichtung von Windkraftanlagen alle rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten ergriffen werden sollen, damit der Abstand von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung die 10-fache Nabenhöhe beträgt.

Mit der Ablehnung des Bürgerbegehrens nimmt der Gemeinderat den Bürgern die Gelegenheit, ihren Standpunkt in einer geheimen und freien Wahl darzulegen. Das sei zutiefst undemokratisch, meinen Gerd Hamilton, Peter Käufler, Manfred Wenger und Bernd Hafner als Vertreter des Bürgerbegehrens und Mitglieder der Bürgerinitiative Windenergie Böhmfeld. Schließlich wurde der Antrag auf das Bürgerbegehren von rund 20% der wahlberechtigten Bevölkerung Böhmfelds aktiv unterstützt. „Es wird den Bürgern offenbar nicht zugetraut, sich eine eigene Meinung zu bilden, und man verweigert deshalb diese Meinungsabfrage.“ Dabei hätte die Gemeinde im Sinne ihrer Bürger entgegen der Bewertung des Landratsamtes die Durchführung des Bürgerbegehrens beschließen können, stellen die Initiatoren klar. Von einem „Bürgerwindrad“ könne man jedenfalls vor diesem Hintergrund nicht mehr sprechen.

Böhmfeld ist in Wohn-, Misch- und Dorfgebiete unterteilt.  Laut Gesetz besteht eine unterschiedliche Schutzbedürftigkeit der Bürger in den unterschiedlichen Gebieten. So muß ein Mensch, der in einem Wohngebiet wohnt, nachts 40 dB(A) erdulden. Sein Nachbar, der in einem Dorfgebiet wohnt, muss dagegen 45 dB(A) aushalten (mehr als  3 mal so laut). Diese Logik wendet das Landratsamt auf die Abstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung an und begründet insbesondere damit die Unzulässigkeit des Bürgerbegehrens, da die Abstände zu den einzelnen Gebietstypen nicht differenziert wurden. Dagegen fragen sich die Initiatoren,  warum es ungesetzlich sein soll, wenn das Bürgerbegehren alle Bürger gleich behandelt sehen will und einen einheitlichen Abstand der 10-fachen Nabenhöhe vorsieht?  Eine Unzulässigkeit ergibt sich auch aus  Sicht des Rechtsanwalts Dr. Nüsslein von der gleichnamigen, auf Verwaltungsrecht spezialisierten Anwaltskanzlei nicht: „Die Vertreter stellen mit dem Bürgerbegehren lediglich eine politische Forderung auf, den Versuch zu unternehmen, diese Abstandsregelung mit allen rechtlich zulässigen Mitteln anzustreben. Das Bürgerbegehren entspricht inhaltlich grundsätzlich der von den Freistaaten Bayern und Sachsen im Bundesrat eingebrachten Gesetzesinitiative, mit der ein Mindestabstand von Windkraftanalgen zu bebauten Wohngebieten eingeführt werden soll. Mit dem Rundschreiben der Staatsministerien vom 7.8.2013 wurde im Übrigen auch angeregt, laufende Verfahren bis zur Umsetzung der Gesetzesinitiative zurückzustellen.“  Zudem seien bei der Ausformulierung des Bürgerbegehrens die vom Landratsamt zitierten Urteile berücksichtigt worden und träfen gerade nicht zu.

Die Bewertung des Landratsamtes, das Bürgerbegehren sei unzulässig, halten die Initiatoren insbesondere vor dem Hintergrund der Verpflichtung zu einer wohlwollenden Prüfung des Antrags für falsch, da die Bewertung der Fachabteilung als „mehrfach rechtlich problematisch“ und „erscheint unzulässig“ zu einer strikten Unzulässigkeit verdichtet wurde. Offenbar hat das Landratsamt die starke Rechtsposition der Investoren im Blick, weil die Errichtung von Windkraftanlagen privilegiert ist und deren Klagen eine mögliche Schadenersatzpflicht des Landratsamtes nach sich ziehen könnten. Dies wurde auch bei einem Treffen verschiedener Bürgerinitiativen aus dem Landkreis von Landrat Anton Knapp am 8. Juli 2013 klar zum Ausdruck gebracht. Bürger hingegen können erst dann klagen, wenn eine nachweisbare Beeinträchtigung z.B. durch Lärm und Schatten einer Windkraftanlage besteht.

Nun kommen die juristischen Bedenken des Landratsamts Eichstätt gerade Recht, um die Zulassung des Bürgerbegehrens zu verweigern. Stehen doch Interessen im Raum seitens des Aufsichtsratsvorsitzenden der FWR Energiegenossenschaft Böhmfeld sowie der Energiegenossen im Gemeinderat. Dass hier ein kräftiger Sturm aufzuziehen droht, bemerkte man schon in der Gemeinderatssitzung, in der teils sehr hitzig über die Auslegung der Rechtsberatung des Landratsamtes Eichstätt gestritten wurde.

Da die Vertreter des Bürgerbegehrens vor dem Hintergrund der bisherigen Geschehnisse nicht an ein ergebnisoffenes Verfahren bei der Änderung des Teilflächennutzungsplans glauben, prüfen sie nun zusammen mit ihrem Anwalt, ob sie die Kritikpunkte des Landratsamtes aufgreifen, klarstellen und weitere Schritte einleiten, um die in dem Ablehnungsbescheid der Gemeinde angeführten Fristen zu wahren.